
SÉBASTIEN JONDEAU -
PRODUCT CONSULTANT & MENSWEAR AMBASSADOR
Mehr als 20 Jahre hat Sebastien Jondeau mit Karl Lagerfeld zusammengearbeitet – in einer Rolle, die wie er sagt „ein bisschen was von allem“ hatte: „Bodyguard, persönlicher Assistent, privater Sekretär und täglicher Begleiter.“ Sebastien Jondeau traf den Designer erstmals in den frühen 1990er-Jahren und wurde mit der Zeit zu einem engen Vertrauten für Karl. An Karls Seite bereiste er die Welt und begleitete den Designer zu jeder Fashionshow, jedem Fotoshooting, jedem Fitting und jedem Event. Heute pflegt er als Product Consultant & Menswear Ambassador noch immer eine enge Beziehung zur Marke.
„Ich habe so viele Erinnerungen an all die fantastischen Orte, die wir gemeinsam besuchten, doch die Wahrheit ist: Die beste Zeit war die, die ich mit Karl alleine verbrachte“, erzählt Sebastien Jondeau. „Diese kleinen Momente in Saint-Tropez bei einem gemeinsamen Drink bei Sénéquier, oder beim Weihnachtsessen. Es waren ganz normale Abende: Wir haben etwas gegessen, ein bisschen ferngesehen und über alles Mögliche gesprochen.”
Wann sind Sie Karl zum ersten Mal begegnet?
Erzählen Sie uns davon... Das war bei einem Sommerjob. Ich war noch ein Teenager und wusste nicht einmal, wer Karl überhaupt war! Ich arbeitete damals für eine Umzugsfirma und sollte Möbel in Karls Haus liefern. Ich erinnere mich noch gut an das Haus in Paris, das fast wie das Schloss von Versailles aussah, und an den Mann, der darin lebte. Er war sehr freundlich und sympathisch.
Klingt, als seien Sie und Karl damals aus zwei ganz unterschiedlichen Welten gekommen ... Was hat Karl Ihrer Meinung nach in Ihnen gesehen und warum hat er Sie eingeladen, Teil seiner Welt zu werden?
Zum einen glaube ich, dass sich Gegensätze in einem gewissen Maß einfach anziehen. Und dann hat er denke ich gesehen, dass ich freundlich, höflich und seriös war... Ein guter Mensch, mit den besten Absichten. Obwohl ich versuchte mich zurückzuhalten, hatte ich unzählige Fragen, zu allem Möglichen. Ich hatte damals einen enormen Wissensdurst und er stillte diesen Durst – er hatte so viel zu geben. All das zusammen hat aus meiner Sicht dazu geführt, dass er an mich glaubte und mich in sein Team aufnahm.
Vielleicht hat er mich auch als Person mit einer harten Schale und einem weichen Kern gesehen, der er sich annehmen wollte. Auf jeden Fall hat er mich gesehen, wie ich wirklich war: Ehrlich und sehr bestimmt bei allem, was ich tat.
Do you know how to surf or e-surf?
Of course, I do. I learned how to surf in Biarritz. But I’m much better at e-surfing. Surfing is a very tough sport – you have to chase after the waves and practice every day to be able to enjoy it. You need to struggle and it’s a very difficult, technical sport.
What do you like best about e-surfing?
What’s cool about e-surfing is that you don’t need to row out to the waves. Also, thanks to the engine, you can surf without waves, so even in lakes or on the sea.
How do you dress for beach days?
When I go to the beach, I wear a very simple outfit: a KARL LAGERFELD T-shirt, board shorts and, most of the time, I’m barefoot.


Wie hat sich Ihre Beziehung im Laufe der Jahre entwickelt?
Unsere Beziehung hat sich extrem verändert. Als ich anfing, für Karl zu arbeiten, standen wir uns noch nicht sehr nah. Ich habe zunächst als sein Bodyguard gearbeitet, ihn herumgefahren, mich um seine Post gekümmert... Ich war so etwas wie der Mann für alles.
Karl glaubte an mich und kannte mich dann auch schon ein paar Jahre. Dennoch hat es seine Zeit gebraucht, bis wir uns wirklich näherkamen. Ich verbrachte 24 Stunden am Tag mit ihm, wir mussten also zwangsweise miteinander zurechtkommen. Gut, dass dies dann auch so war, denn ich habe wirklich meine gesamte Zeit mit ihm verbracht. Ich habe mit ihm zu Mittag und zu Abend gegessen und habe zwischendrin, wenn Zeit war, ein bisschen geschlafen. Ich war nie weit weg, immer an seiner Seite. Unser Verhältnis war so eng und besonders, dass wir manchmal einen ganzen Tag lang nicht miteinander sprachen, wenn wir bei einem Thema uneins waren. Dann war es aber auch wieder gut und wir haben uns versöhnt – ein bisschen so, wie man das von Familien kennt.
Fahrer, Bodyguard, persönlicher Assistent – wie genau sah denn ein üblicher Tag mit Karl aus?
Das hing ganz davon ab, wo wir waren. An einem typischen Tag arbeitete Karl vormittags von zu Hause aus. In dieser Zeit machte ich dann meist mein Workout, organisierte Verschiedenes und koordinierte unsere Reisen. Der Rest des Tages sah dann immer anders aus. Wir aßen zu Mittag, wir gingen ins Maison KARL LAGERFELD für ein Fitting, wenn wir in Paris waren, machten wir einen Abstecher zum Buchladen Galignani oder zu Colette, wir fuhren zu Chanel, für ein weiteres Fitting, oder zu einem Set für ein Foto-Shooting, denn Karl war ja auch Fotograf. Manchmal verbrachten wir die ganze Nacht bei einem Shooting oder nahmen kurzfristig einen Flieger nach Rom. Kein Tag war wie der andere und trotzdem hatte alles einen gewissen Rhythmus, einen Zyklus über mehrere Monate oder Saisons hinweg.
Woran erinnern Sie sich am liebsten, wenn Sie an Karl denken?
Ich habe so viele Erinnerungen an all die fantastischen Orte, an denen wir waren, doch die Wahrheit ist: Die beste Zeit war die, die ich mit Karl alleine verbrachte. Diese wertvollen Momente in Saint-Tropez, bei einem gemeinsamen Drink bei Sénéquier oder auch beim Weihnachtsessen. Karl machte sich nicht so viel aus Weihnachten, also waren wir zum Weihnachtsessen an Heiligabend immer zu zweit. Da wir ja auch sonst immer zusammen zu Abend aßen, war es ein ganz normales Essen. Ich bin wohl einer der wenigen Menschen auf dieser Welt, die sagen können, dass sie an Heiligabend mit Karl Lagerfeld zu Abend gegessen haben. Es war also ein ganz normaler Abend. Wir haben gegessen, Fernsehen geschaut und über alles Mögliche gesprochen. Dann ging Karl ins Bett und ich zu meiner Familie, um auch noch ein bisschen mit ihnen zu feiern. Und das war’s ... (Wir haben zu Hause auch nicht wirklich Weihnachten gefeiert, also hat das gut funktioniert!)
Welche Information über Sie würde andere überraschen?
Dass ich erst kürzlich Vater geworden bin! Das mag einige überraschen, da sich mein bisheriges Leben sehr um die Arbeit gedreht hat. Außerdem bin ich ein sehr sensibler Typ, ob Sie es glauben oder nicht, doch auf eine Erfahrung wie diese kann man sich nicht wirklich vorbereiten. Ich kann bestätigen, dass Mutter sein wirklich der härteste Job der Welt ist! Ich bin sehr beeindruckt.
Sie haben mit Karl die Welt bereist. Was ist Ihr Lieblingsort, den Sie gemeinsam besucht haben?
Das unglaublichste Erlebnis war wohl die Show, die wir auf der Chinesischen Mauer organisiert haben. Das war, wie auf dem Mond umherzulaufen, nicht von dieser Welt. Es war einfach nur magisch.
10 THINGS YOU SHOULD KNOW ABOUT ST BART BY SJ
KARL LAGERFELD presents SS21 menswear collection, as styled by Sébastien Jondeau.
During the campaign shooting in St-Barts, we’ve asked Karl Lagerfeld’s menswear ambassador to answer a few questions about his beloved island.

Ihre Beziehung zum Maison geht weiter – aktuell sind Sie Brand Ambassador und Product Consultant für KARL LAGERFELD. Was bedeutet das für Sie?
Das Maison ist wirklich wie eine Familie für mich und ich bin unglaublich glücklich darüber, auch weiterhin ein Teil davon sein zu dürfen. Ich bin sehr stolz, die Marke als Brand Ambassador repräsentieren zu dürfen, und sehe dies auch als besondere Möglichkeit für mich, Karls Andenken zu wahren. Meine etwas neuere Rolle als Product Consultant betrachte ich ebenfalls als großartige Chance. Es ist einfach unglaublich, mit Hun zusammen an den Entwürfen und der Realisierung der Athleisure-Kollektion zu arbeiten.
Ihre Zusammenarbeit mit dem Maison drehte sich meist um das Thema Sport – Boxen, Surfen etc. Warum spielen Sport und Fitness eine so große Rolle in Ihrem Leben?
Dort, wo ich herkomme, gibt es nicht so viele Möglichkeiten. Sport ist dort einer der wenigen Wege, rauszukommen und ein besseres Leben zu führen. Deswegen war Sport für mich auch schon früh wichtig und immer ein großer Teil meines Lebens – egal ob Motocross, Boxen, Fahrradfahren, BMX oder Skateboarden.
Das klingt nach eher extremeren Sportarten ...
Ja, ich hatte schon immer einen Hang zum Extremsport. Ich glaube, ich brauche das Gefühl, immer wieder meine körperlichen Grenzen auszutesten. Auch mental hat mir Sport schon sehr geholfen – wie eine Therapie!
Wo finden Sie als Product Consultant Inspiration für die Athleisure-Kollektion?
Die Kollektionen sind oft von Sportarten inspiriert, mit denen ich vertraut bin und mich auskenne. Wenn das einmal nicht der Fall ist, recherchiere ich, was die Sportart ausmacht und welche Bewegungen damit verbunden sind. Dann lasse ich mich auch von Streetstyle-Trends inspirieren und kombiniere beides. Es geht darum, eine Balance zu finden zwischen den technischen Aspekten der Schnitte, Kompositionen und speziellen Details, dabei immer eine Verbindung zum Sport herzustellen, der uns inspiriert hat und dies alles dann aus einer frischen und jungen Streetwear-Perspektive zu interpretieren.
Wenn Sie an einer neuen Kollektion arbeiten – wie sieht die Zusammenarbeit mit Hun Kim aus, dem Design Director von KARL LAGERFELD?
Die Zusammenarbeit mit Hun ist einfach fantastisch. Er hat so etwas selbstverständlich Lässiges an sich, dass es sich fast anfühlt, als wäre er ein alter Freund. Und er ist immer offen für die Ideen anderer. Die Zusammenarbeit mit ihm und seinem Team und die Tatsache, dass sie meine Ideen miteinbeziehen, ist einfach unglaublich. Sie erstellen Mood Boards und teilen sie mit mir. Dann entwickle ich das Thema mit meiner Erfahrung, meinen Ideen, meiner Vision und meinem sportlichen Background weiter.
2021 haben Sie das Buch „Ça va, cher Karl? Erinnerungen an Karl Lagerfeld“ veröffentlicht. Was können Sie darüber sagen?
Es ist eine Ehre, meine Geschichte erzählen zu dürfen. Ich wollte alle, die sich dafür interessieren, wissen lassen, dass eine Geschichte wie die meine möglich ist. Ein Kind aus dem Nirgendwo, das eine ganz neue Welt entdeckt. Es soll den Lesern erlauben zu träumen und sie wissen lassen, dass alles möglich ist. Gleichzeitig wollte ich den Menschen zeigen, wie Karl wirklich war und wie er mit Menschen wie mir umging.
Schauspieler und Oscar-Preisträger Jared Leto wird in einem demnächst erscheinenden Film in der Rolle von Karl zu sehen sein. Was halten Sie von dem Film?
Es fühlt sich noch etwas unwirklich an, doch ich denke, mit Pier, Caroline und mir als Executive Producer und mit Unterstützung des Teams von Jared Leto wird es uns gelingen zu zeigen, wie Karl wirklich war. Jared ist ein unglaublich talentierter und vielseitiger Schauspieler. Es ist erstaunlich, wie viele unterschiedliche Charaktere er glaubhaft verkörpern kann. Und es schadet auch nicht, dass ich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihm und Karl sehe.
Erzählen Sie uns etwas über sich, das wir noch nicht wissen.
Haha. Gar nicht so einfach, denn ich habe im Laufe der Jahre schon so vieles erzählt. Ich kann ein richtiger Morgenmuffel sein – sogar Karl machte Witze darüber und sagte immer zu den Leuten: „Ruft ihn ja nicht vor 12 an!“